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Zeichen der Zeit
Die Endzeitrede Jesu
Wie nicht anders zu erwarten,
hat auch Jesus selbst wesentliche Entwicklungen der Zukunft seinen Jüngern
mitgeteilt.
Diese so genannte Endzeitrede findet sich in Matthäus Kapitel 24. Sie ist
außerdem in Markus 13 und Lukas 21,5-36 enthalten.
Im Folgenden wird vor allem auf den Matthäus-Text Bezug genommen.
Zu beachten ist zunächst, dass Jesus hier auf zwei Fragen antwortet, nämlich auf die
Frage des Zeitpunktes der Tempelzerstörung und auf die Frage nach den
Zeichen seiner Wiederkunft.
Der Text lässt sich grob in drei Teile gliedern:
1. Der Anfang der letzten Ereignisse
Drei Aspekte nennt Jesus, die zwar noch nicht das Ende (V.6), doch aber den
Anfang der Wehen bezeichnen (V.8):
- Auftreten falscher Messiasse mit Verführung vieler (V.5)
- Kriege zwischen Völkern und Königreichen (V.6.7)
- Hungersnöte und Erdbeben hier und dort (V.7)
Der Ausdruck „Anfang der Wehen“ kommt nur an dieser Stelle im NT vor. Jesus vergleicht
also sein Wiederkommen mit einer Geburt. Die Wehen
sind folglich die Ereignisse, die der Wiederkunft unmittelbar vorausgehen
(Vers 33). Auch Paulus vergleicht den Tag des Herrn (hier v.a. in Bezug auf
seine überraschende Erscheinung für die Ungläubigen) in 1.Thes. 5,1-3 mit den
Wehen einer Frau.
Man mag hier zunächst fragen, wo denn der „Zeichencharakter“ ist, da es all die
erwähnten Ereignisse schon immer in der Geschichte gegeben
hat. Betrachtet man aber den Text genauer fallen doch einige Besonderheiten auf:
Zwar waren die im biblischen Sinne Gläubigen immer schon in der Minderheit,
doch hat kaum eine Zeit eine solche Vielfalt an falschen Ideologien und Religionen
hervorgebracht wie die unsere. Der letzte und größte Verführer wird schließlich
der Antichrist selbst sein. Offensichtlich ist die letzte Zeit
gekennzeichnet durch enorme Verführung.
In Bezug auf die vorausgesagten
Kriege lässt die Wortwahl (Volk gegen Volk, Königreich gegen Königreich)
erkennen, dass es sich um zahlreiche und bedeutende Kriege handeln muss. Kriege
im Weltmaßstab sind aus technischen, politischen und gesellschaftlichen Gründen
erst im letzten Jahrhundert möglich geworden. Der 1. und der 2.Weltkrieg haben alles
bisher da gewesene weit in den Schatten gestellt.
Ebenso deutet der Ausdruck „hier und dort“ bei den Hungersnöte und
Naturkatastrophen darauf hin, dass auch hier eine Zunahme erfolgen wird. Im Lukas-Text ist
ausdrücklich von großen Erdbeben die Rede.
Der Beginn der letzten Zeit wird also gekennzeichnet sein durch religiöse
Verführung und Verwirrung, Kriege großen Ausmaßes und eine Zunahme von Naturkatastrophen!
Gerade in der Häufung und Steigerung wird der Zeichencharakter liegen.
Interessant ist die Parallelität zu den Siegelgerichten aus der
Offenbarung (Kapitel 6):
Bei Öffnung des ersten Siegels erscheint ein Reiter auf einem weißen Pferd, mit einiger Wahrscheinlichkeit
der Antichrist (siehe dazu „Der Antichrist“). Das zweite
Siegel spricht davon, dass der Frieden von der Erde genommen wird, während das
dritte Siegel schließlich Hungersnöte erwähnt. Insoweit ist die Folgerung zulässig,
dass Jesus in seiner Endzeitrede insbesondere die Endzeit im engeren,
unmittelbaren Sinn
(beginnend mit dem Auftreten des Antichristen) im Blick hatte.
2. Verführung und Verfolgung
Nach dem Anfang der Wehen („dann“ - Vers 9):
- große Bedrängnis und Verfolgung (V.9)
- Abfall vieler und gegenseitiger Verrat (V.10)
- falsche Propheten mit Verführung vieler (V.11)
- Erkalten der Liebe, daher Überhandnehmen der Ungerechtigkeit (V.12)
Auch hier erscheint die Ankündigung von Verfolgung parallel mit dem fünften
Siegel. Die große Bedrängnis wird ab Vers 15 näher erläutert. Sie führt zu
einem großen Abfall der Glaubenden. Die Bedrängnis beginnt mit dem Aufstellen
des Gräuels der Verwüstung und ist groß und einzigartig (V.15-22). Hier ist von
der Verfolgung durch den Antichristen die Rede, die schon mehrfach erwähnt
wurde. Die Ankündigung falscher Propheten wird in DEM falschen Propheten (Off.
13,11ff.) ihre Vollendung finden.
3. Das Kommen Jesu
Nach dieser Bedrängnis erscheinen große kosmische Zeichen am Himmel (V.29):
- Sonnenfinsternis
- Mond verliert den Schein
- Sterne fallen vom Himmel
Dann kommt der Herr und sammelt seine Gemeinde!
Es fällt auf, dass Jesus vordergründig die Frage nach der Tempelzerstörung
übergeht. Der Ausdruck „Gräuel der Verwüstung“ und der Hinweis auf den
Propheten Daniel wird aber seinen jüdischen Zuhörern bekannt gewesen sein, da
sich ja eine Prophezeiung bereits unter Antiochus erfüllte (siehe „Israel“). So
kann man durchaus folgern, dass in den Versen 15 bis 22 eine mehrschichtige Bedeutung
liegt:
Zum einen beschreiben sie die endzeitlichen Ereignisse um den Antichristen, zum
andern waren sie aber auch eine konkrete Warnung an Jesu Zuhörer. Sobald diese
merkten, dass sich die Ereignisse aus dem Jahre 167 v. Chr. zu wiederholen
begannen (Krieg, Belagerung Jerusalems, drohende Erstürmung), sollten sie aus
der Stadt fliehen, was der Überlieferung nach auch tatsächlich geschah und
wodurch die Jerusalemer Gemeinde gerettet wurde. Übrigens schreibt auch Lukas
in diesem Sinne, der ja an nichtjüdische Leser schrieb, die wahrscheinlich die
Prophezeiungen aus Daniel nicht unbedingt kannten. Ob Lukas diese Prophezeiung
für seine Leser „übersetzt“ hat oder ein zusätzliches Detail aus Jesu Rede
wiedergibt, das bei Matthäus und Markus fehlt, ist letztlich ohne Belang.
Zusammenfassend gibt Jesus drei Zeichen für die Ereignisse vor der
großen Bedrängnis durch den Antichristen:
- große Verführungen auf religiösem Gebiet
- kriegerische Auseinandersetzungen
- Hungersnöte und Erdbeben
Matthäus 24,37-41 macht übrigens klar, dass - so
unglaublich es auch klingt - viele auf der Welt den Endzeitcharakter dieser
Ereignisse offensichtlich gar nicht richtig wahrnehmen werden.
Wie gesagt, streng genommen hat Jesus hier wohl vor allem die (bei „Europa“
erwähnte) letzte Jahrwoche, also die letzten 7 Jahre vor seiner Wiederkunft,
angesprochen. Diese letzte Jahrwoche beginnt mit dem Bundesschluss durch den
Antichristen bzw. seinem Auftreten (1.Siegel der Offenbarung). In dieser Zeit
leben wir Stand heute ganz offensichtlich noch nicht. Andererseits kann man
Endzeit auch in einem weiteren Sinne verstehen; einige Entwicklungen, die
Jesus anspricht, können wir sehr wohl bereits heute schon wahrnehmen (sei es
etwa in der Gesellschaft oder in der Natur). Insoweit sollten wir umso wachsamer
sein.
Übrigens fällt mir auf, dass all diese Zeichen genauso wie die anderen (Israel,
Europa, Antichrist etc.) in der Regel deutliche, offenkundige und nachprüfbare
Zeichen sind. Daher bin ich „Weltverschwörungstheorien“ gegenüber immer sehr
skeptisch eingestellt. Gott hat in seinem Wort genügend klare Hinweise
gegeben!
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